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EU Lampenverbot
Viele Lampen enthalten das sehr giftige Quecksilber. Glühbirnen hingegen verbrauchen viel mehr elektrische Energie zur Lichterzeugung als LEDs. Beides ist umweltschädlich und die EU will die Beleuchtung durch Vorgaben umweltfreundlicher machen, was selbstverständlich ein sinnvolles Ziel ist. Allerdings geht es uns in der Tierhaltung nicht nur um das für Menschen sichtbare Licht, sondern auch um UVB, UVA und IRA:
- UVB ist nötig, damit Reptilien Vitamin-D3 bilden können, wirkt aber auch darüber hinaus positiv (Desinfektion, Ausschüttung von Hormonen).
- Kurzwelliges UVA ist ebenfalls bei der Vitamin-D3-Bildung beteiligt.
- Langwelliges UVA ist für Reptilien (und Vögel) sichtbar und in der richtigen Mischung mit dem für Menschen sichtbares Licht für ein unverfälschtes Farbsehen notwendig.
- Infrarot-A-Strahlung benötigen Reptilien zusammen mit sichtbarem Licht als Wärmestrahlung zur Thermoregulation. IRA hat aber darüber hinaus auch eine direkte Wirkung auf den Zellstoffwechsel der Haut und die Wundheilung.
Aktuell sieht die EU-Gesetzgebung leider keine Ausnahmen für die Tierhaltung vor! Konkret handelt es sich (nach meinem Laienhaften Verständnis) um:
- “RoHS” Richtlinie 2011/65/EU verbietet Leuchtstofflampen und Metallhalogeniddampflampen ab 2023/2025/2027
- “EcoDesign” Richtlinie 2009/125/EC
- “Energieverbrauchs-Label” Richtlinie 2017/1369/EU
Verschiedene Tierhalter-Organisationen (z.B. BNA, DGHT) aber auch die Lampen-Industrie setzen sich für eine Änderung der Vorgaben ein. Mit eurer Mitgliedschaft z.B. bei der DGHT könnt ihr dieses Engagement unterstützen!
LEDs sind eine hervorragende Alternative zu Glühlampen und quecksilberhaltigen Lampen für die Beleuchtung in Wohn-, Arbeits- und Produktionsräumen. Für die Reptilienhaltung sind sie derzeit keine Alternative:
- UVB-LEDs existieren seit kurzem, ihr Spektrum ist aber deutlich schmalbandiger als das von Leuchtstofflampen oder UV-HQI-Strahlern und damit viel weniger sonnenähnlich. Es gibt begründete Sorgen, dass das zu einer Gesundheitsschädigung führen kann.
- UVA-LEDs existieren, jedoch ist das Spektrum von Lampen, die UVA-LEDs und weiße LEDs kombinieren weniger sonnenähnlich. Außerdem ist die Lichtmischung von Einzel-LEDs verschiedener “Farben” weniger Homogen als das Licht von Leuchtstoffröhren oder Metallhalogeniddampflampen.
- IRA-LEDs existieren, jedoch ist ihr Spektrum sehr viel schmalbandiger. Es werden nur wenige Wellenlängen um 860 nm und 940 nm, die nicht den IRA-Bereich des Sonnenlichts abdecken. Außerdem ist die Effizienz von IRA-LEDs überraschend gering. Eine Glühlampe wandelt die elektrische Energie fast vollständig in Wärmestrahlung um. Davon ist nur ein sehr geringer Teil sichtbares Licht, was Glühlampen für die Beleuchtung sehr ineffizient macht. Da für die Wärmestrahlung aber alle sichtbare und Infrarotstrahlung genutzt wird, ist die Effizienz von Glühlampen als Wärmestrahler nahezu 100%. Diese Effizienz werden LEDs voraussichtlich nie erreichen.
Offener Brief an die EU Kommission
Unter Federführung des Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. (BNA) wurde am 20.09.2023 ein offener Brief an die EU-Kommission verschickt. Unterzeichnet haben 60 Organisationen aus dem Bereich Tier- und Artenschutz: PDF . Ich hoffe sehr, dass dieser Brief Gehör findet.
"RoHS" Richtlinie 2011/65/EU über gefährliche Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten
Artikel auf Wikipedia: RoHS-Richtlinien
Die Europäische Richtlinie 2011/65/EU vom 8. Juni 2011 soll die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten beschränken. Darunter fällt auch Quecksilber in Leuchtmitteln. Im Anhang sind einige Ausnahmen und Quecksilberobergrenzen so festgelegt, dass die üblichen Leuchtstoffröhren eine Zeit lang weiter verkauft werden durften, jedoch wurden und werden diese Grenzen angepasst.
Die Richtlinie in den verschiedenen Fassungen und Sprachen kann man hier nachlesen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A02011L0065-20221001
In der Fassung vom 01.09.2023 listet der Anhang III folgende Ausnahmen:
Mein Fazit:
- Normale Kompaktleuchtstofflampen sind ab 24.02.2023 nicht mehr erhältich, UV-Kompaktleuchtstofflampen gibt es noch bis 24.02.2027, sie dürfen bis dahin maximal 5 mg Quecksilber je Lampe enthalten.
- Normale T8 und T5 Leuchtstoffröhren sind ab 24.08.2023 nicht mehr erhältich, UV-Leuchtstoffröhren gibt es noch bis 24.02.2027, sie dürfen bis dahin maximal 15 mg Quecksilber je Lampe enthalten.
- HQI/HCI-Strahler ohne und mit UV-Strhalung gibt es nur noch bis 24.02.2027
Sofern ich nicht eine gesetzliche Regelung völlig übersehen habe, werden wir ab Februar 2027 keine UV-Leuchtstoffröhren, UV-Kompaktleuchtstoffröhren oder UV-Metalldampflampen mehr haben. Und auch keine normalen HQI/HCI-Strahler. Terrarianer müssen sich entweder einen guten Vorrat an Lampen zulegen, oder aber darauf hoffen, dass entweder die LED-Technologie bis dahin reif ist oder die EU-Richtlinie angepasst wird und weitere Ausnahmen zulässt. Die Verwendung alter Lampen und auch der Verkauf von Restbeständen ist erlaubt. Nur das “In-Verkehr-Bringen” wird durch die Richtlinie untersagt.
Die Hoffnung auf eine Änderung der Regelung ist nicht unbegründet: Es gibt immer Anregungen aus Lobbyverbänden, Gesetze anzupassen. Beispielsweise dise Studie vom Februar 2022 mit dem Wunsch, sieben Ausnahmen aus Anhang III anzupassen: https://rohs.exemptions.oeko.info/fileadmin/user_upload/RoHS_Pack_24/RoHS_Pack-24_final_16022022.pdf. Hier sind für uns relevant aber nur Wünsche nach Ausnahmen für Zinn im BSP-Leuchtstoff genannt, der in UV-Leuchtstoffröhren für Terraristik und Solarien genutzt wird. In der älteren Studie von 2016 wurde noch stärker darauf eingegangen, dass LEDs kein Ersatz für viele UV-Lampen sein kann (Kapitel 7 und 10 in https://rohs.exemptions.oeko.info/fileadmin/user_upload/RoHS_Pack_9/RoHS-Pack_9_Part_LAMPS_06-2016.pdf) und hat damit auch eine Verlängerung der ursprünglichen Frist von 2021 auf 2027 erreicht. Oder auch für mich beruflich teilweise relevant: Der Antrag Quecksilberdampflampen als UVC-Lichtquellen für die Halbleiterindustrie weiterhin zu erlauben. Sonst ist es mit der Computerchip-Produktion in Europa ab 2025 nämlich auch schon wieder zu Ende.
Wie so oft werden wir Terrarianer uns mit den Lichtquellen arrangieren müssen, die in der Industrie für uns abfallen. In der Vergangenheit hatten wir großes Glück, dass die Technologie noch so “schlecht” war, dass die Lampen für die Beleuchtung “unnützes” UVA, UVB und Infrarot abgestrahlt haben. HQI/HCI-Strahler waren ein nahezu perfekter Ersatz des Sonnenlichts im Terrarium. Bei der Allgemeinbeleuchtung werden bereits in wenigen Jahren auch in der Terraristik ausschließlich LEDs verwendet werden können. Bei der UVB-Bestrahlung wird es auch darauf hinauslaufen. Ich hoffe sehr, dass die Terrarienlampenfirmen aus dem “Abfall” der LED-Entwicklung für die Industrie gute Lampen für uns zusammen stellen können. Wir haben ja bis 2027 noch etwas Zeit.
"Ökodesign" Richtlinie 2009/125/EG zur weltgerechten Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte
Artikel auf Wikipedia: Ökodesign-Richtlinie
In der “Ökodesign” Richtlinie 2009/125/EG geht es primär um den Stromverbrauch. Am 1. Oktober 2019 beschloss die Kommission zehn Durchführungsverordnungen zur Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG. Die Verordnung (EU) 2019/2020 der Kommission vom 1. Oktober 2019 zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Lichtquellen und separate Betriebsgeräte gemäß der Richtlinie 2009/125/EG legt Effizienzgrenzen für Lampen fest.
Seit dem 01. September 2021 dürfen Lampen mit einer gegebenen Helligkeit je nach Lampentyp einen bestimmten Watt-Wert nicht übersteigen.
Auch hier gelten Ausnahmen:
- Anhang III, 3c: Lichtquellen mit einer spezifischen effektiven UV-Strahlung > 2 mW/klm, die für die Nutzung in Anwendungen bestimmt sind, die einen hohen UV-Gehalt erfordern
Leider ist nicht definiert, wie diese 2 mW/klm berechnet werden. Berechnet man naiv die ungewichtete Leistung im Wellenlängenbereich 280 - 380 nm oder 280 - 400 nm, so erfüllen alle Lampen diese Grenze mit Leichtigkeit. Sollte stattdessen die aktinisch gewichtete Strahlung gemeint sein (auch dafür gibt es die Grenze 2 mW/klm in anderen Verordnungen), so ist das schwieriger.
- Anhang III, 3x: Inkandeszenz-DLS, die alle der folgenden Bedingungen erfüllen: E27-Sockel, klare Hülle, Leistungsaufnahme ≥ 100 W und ≤ 400 W, CCT ≤ 2 500 K, speziell für die Infraroterwärmung ausgelegt und ausschließlich dafür vermarktet.
Glühlampenspots mit klarem Glaskolben und 100 - 400 W sind von der Verordnung ausgenommen. Als Wärmelampen sind mattierte Glaskolben für uns besser geeignet und auch die Einschränkung auf 100 - 400 W sind für die Terraristik zu streng. Auch nutzen wir gerne Halogenlampen mit mehr als 2500 Kelvin. - Außerdem gilt die Verordnung nur für Lampen mit einem weißen Farbort. Rotlichtlampen bleiben daher ebenfalls ohne weitere Einschränkungen erlaubt.
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