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Radiometer
Radiometer messen die gesamte Bestrahlungsstärke in einem breiteren Wellenlängenbereich. Radiometer, die über den gesamten sichtbaren Wellenlängenbereich messen sind als sogenannte Luxmeter erhältlich. Auch für verschiedene UV-Wellenlängenbereiche sind Radiometer erhältlich.
Herz des Radiometers ist eine Photodiode. Dieser Halbleiterkristall erzeugt im Quasi-Kurzschluss-Betrieb elektrischen Strom, wenn er einfallendes Licht absorbiert. Der Strom wird verstärkt und ein Messwert, proportional zur Stromstärke, im Display angezeigt. Normalerweise wird Silizium als Halbleiter eingesetzt. Silizium ist empfindlich auf Strahlung zwischen 190 nm und 1100 nm mit einer maximalen Empfindlichkeit bei etwa 900 nm Wellenlänge. Durch verschiedene Filter kann die Empfindlichkeit des Halbleiters auf den gewünschten Bereich (z.B. UV) eingeschränkt werden. Daraus resultiert eine entscheidende systematische Fehlerquelle für Radiometer (⇒ Fehlerquelle spektrale Empfindlichkeit)
Anstelle einer Photodiode, die empfindlich im UV-Bereich ist, kann auch eine Photodiode für den sichtbaren Bereich zusammen mit einem Leuchtstoff, der UV-Strahlung in sichtbares Licht umwandelt verwendet werden. Ein solches Messgerät wurde in den 1950ern von Robertson in Australien entwickelt und von Berger in den USA modifiziert. Diese Variante ist meines Wissens nach nicht häufig im Einsatz.
Gegenüber Spektrometer haben Radiometer Vorteile: Sie sind leicht zu transportieren, leicht zu bedienen und zeigen nur eine einzige Zahl als Messwert an. Auch Reproduzierbarkeit der Messergebnisse, Auflösung und Signal-zu-Rausch-Verhältnis ist bei Radiometern ist oft besser als bei Spektrometern. Gerade für den UV-Bereich sind Radiometer robuster als Spektrometer 678.
Radiometer haben aber natürlich auch Nachteile, die zu verschiedenen statistischen und systematischen Fehlern führen 112280. Viele der Fehler sind für die typischen Einsatzzwecke in der Terraristik vernachlässigbar: Sowohl die spektrale als auch die absolute Empfindlichkeit des Radiometers kann temperaturabhängig sein, so dass ein Messgerät das durch die Wärmestrahlung der Lampe aufgeheizt wird, veränderte Werte liefert. Beim einem Solarmeter 6.2 wurde eine sehr geringe Erhöhung der Messwerte bei Temperaturen größer als 40°C ermittelt 172. Bei Messgeräten mit einem großen Eingang, kann eine inhomogene Lichtverteilung über die Sensorfläche und das Gesichtsfeld des Sensors den Messwert verfälschen (117,280). Auch eine Modulation der Lichtintensität, z.B. bei stark flackernden Mischlichtlampen kann falsche Messwerte erzeugen. Insbesondere wenn sehr kleine Messwerte gemessen werden sollen, spielt das statistische Dunkelsignal der Photodiode eine Rolle. Das Rauschen von Radiometern ist aber - vor allem im Vergleich zu günstigen Spektrometern - sehr gering. Durch den Einfluss der UV-Strahlung können UV-Radiometer altern. Es ist empfehlenswert, regelmäßig eine Vergleichsmessung mit einer Lichtquelle bekannter UV-Strahlung oder mit einem wenig genutzten UV-Radiometer durchzuführen. Photodioden zeichnen sich normalerweise durch eine hohe Linearität aus, d.h. bei doppelter Bestrahlungsstärke zeigt das Radiometer auch tatsächlich den doppelten Wert an. Es gibt jedoch auch defekte Messgeräte, bei denen das nicht mehr der Fall ist. In 121 wurde ein älteres UVB-Radiometer gefunden, das bei hohen Bestrahlungsstärken einen um den Faktor 4 zu großen Messwert anzeigte. Dieser Fall ist selten, aber man sollte wissen, dass das möglich ist.
Ein wichtiger Fehlerbeitrag ist die Kosinuskorrektur des Radiometers (siehe detaillierter auch Abschnitt Kosinuskorrektur unter Spektrometer). Wenn die Sonne schräg auf eine Fläche scheint, verringert sich die Intensität der Strahlung auf der Oberfläche. Messgeräte reagieren nicht immer richtig auf Licht aus verschiedenen Winkeln. Eine entsprechend dimensionierte Streuscheibe mit Abschattungsringen kann das korrigieren.
Fehlerquelle: Spektrale Empfindlichkeit
Der größte Fehler bei Radiometern stammt aus der spektralen Empfindlichkeit des Messgeräts. Die verwendete Siliziumphotodiode misst jede Strahlung zwischen 190 nm und 1100 nm. Durch Filter muss der Bereich auf die gewünschten Wellenlängen eingegrenzt werden.
Wenn nur UVC-Strahlung gemessen werden soll, sind Filter nötig, die alle Strahlung mit einer Wellenlänge größer als 280 nm absorbieren. Diese Filter lassen aber gelegentlich doch Teile der UVA oder sichtbaren Strahlung durch. Wenn das UVC-Radiometer nur für Lichtquellen genutzt wird, die hauptsächlich UVC abstrahlen (z.B. UVC Desinfektionslampen) ist das unproblematisch. Nutzt man ein solches UVC-Radiometer aber für Sonnenlicht oder helle Terrarien-UV-Lampen kann das Messgerät „geblendet“ werden. Die Intensität der sichtbaren Strahlung und der UVA-Strahlung ist um viele Größenordnungen größer als die Intensität der UVC-Strahlung. Es kann passieren, dass das der Filter einen sehr kleinen Anteil der sichtbaren und UVA-Strahlung passieren lässt und dieser kleine Anteil immer noch viel intensiver als die UVC-Strahlung ist und das Messgerät daher einen fälschlicherweise zu großen Wert anzeigt. Im Fall der UVC-Strahlung kann man das teilweise überprüfen, in dem man einen UVC-Sperrfilter verwendet, der sichtbares Licht und UVA transmittiert aber UVC-Strahlung blockiert. Zeigt das UVC-Messgerät weiterhin einen Messwert an, ist bewiesen, dass der Messwert nicht durch UVC verursacht wurde. Diesen Effekt bezeichnet man auch als Out-of-Band-Response. Bereits dieser Out-of-Band-Response ist ein Beispiel für die Fehler, die sich aus der spektralen Empfindlichkeit des Messgeräts ergeben.
Out-of-Band-Responses habe ich praktisch bisher nur bei UVC-Messgeräten als relevant erlebt. Das folgende Beispiel gilt dagegen für alle Radiometer.
Wenn nur exakt der UVB-Bereich gemessen werden soll müsste man Filter für die Siliziumphotodiode finden, die alle Strahlung mit der Wellenlänge größer als 315 nm und kleiner als 280 nm komplett absorbieren und alle Strahlung mit einer Wellenlänge zwischen 280 nm und 315 nm komplett ungefiltert durchlassen. Das ist nicht möglich. Stattdessen wird die spektrale Empfindlichkeit des Messgeräts immer eine glatte Kurve sein. Es wird nie ein UVB-Radiometer geben, das tatsächlich UVB misst. Tatsächlich misst das Messgerät etwas anderes, rechnet den Wert aber intern um und zeigt UVB in µW/cm² an. Das UVB-Radiometer wird so kalibriert, dass das der Messwert für eine Kalibrationslampe korrekt ist.
Diese Funktionsweise ist so ähnlich wie die Funktion von Messbechern für Mehl oder Zucker, die es in manchen Küchen gibt. Wenn man keine Waage hat, aber 300 g Mehl benötigt, schüttet man einfach so viel Mehl in den Messbecher bis die Marke für 300 g Mehl erreicht ist. Obwohl der Messbecher eigentlich etwas ganz Anderes misst (nämlich das Volumen des Mehls), kann man damit trotzdem die richtige Menge Mehl abmessen. Wenn man aber nun 300 g Zucker benötigt, dann funktioniert die Methode plötzlich nicht mehr. Das liegt daran, dass das Gewicht pro Volumen bei Mehl und Zucker völlig unterschiedlich ist. Das gleiche Problem entsteht, wenn man mit dem UVB-Radiometer die UVB-Strahlung einer Lampe messen will, die ein völlig anders Spektrum hat.
Misst man mit dem oben gezeigten UVB-Radiometer eine Lampe ohne UVB-Strahlung aber viel UVA-Strahlung, so wird das Messgerät einen Wert anzeigen, obwohl keine UVB-Strahlung vorhanden ist. Misst man eine Lampe mit UVB-Strahlung aber gänzlich ohne UVA-Strahlung, so wird der angezeigte Messwert zu klein sein: Das Messgerät “denkt” das auch UVA vorhanden wäre und korrigiert den Messwert nach unten.
Dieser Fehler kann sehr dramatische Formen annehmen. Häufig zitiert wird im Terrarianerkreisen die Arbeit von Sayre & Kligman 667. Sie verwendeten als UVB-Radiometer einen leider nicht näher spezifizierten Sensor von International Light mit maximaler Empfindlichkeit bei 290 nm. Als Lampe verwendeten sie eine Xenon-Kurzbogenlampe, deren Spektrum zusätzlich durch optische Langpassfilter verädert wurde. Ein WG-345-Filter lässt Strahlung mit einer Wellenlänge größer als 345 nm zu 90% passieren und absorbiert Strahlung mit einer Wellenlänge kleiner als 345 nm. Folgende Messwerte haben sie erhalten:
Filter | UVB (290 - 320) spektral gemessen | UVB-Messwert Radiometer | relativer Fehler | Beurteilung |
---|---|---|---|---|
WG-320 | 600 µW/cm² | 38 µW/cm² | $\frac{600}{38}=\frac{16}{1}$, $\frac{38-600}{600}=-94\%$ | besorgniserregender Fehler, der einem Terrarianer im Vergleich zum Sonnenlicht aber aufgefallen wäre. |
WG-335 | 12,4 µW/cm² | 12 µW/cm² | $\frac{12,4}{12}=\frac{1.03}{1}$, $\frac{12-12,4}{12}=-3\%$ | zufällig korrekter Wert, aber auch hier Wert sehr klein |
WG-345 | 0,27 µW/cm² | 4.9 µW/cm² | $\frac{0,27}{4,9}=\frac{1}{18}$, $\frac{4,9-0,27}{0,27}=1700\%$ | kein relevanter Fehler, da Messwert korrekt nahe Null |
WG-360 | 0,16 µW/cm² | 4.1 µW/cm² | $\frac{0,16}{4,1}=\frac{1}{25}$, $\frac{4,1-0,16}{0,16}=2460\%$ | kein relevanter Fehler, da Messwert korrekt nahe Null |
Manche lehnen UV-Radiometer in der Terraristik aufgrund dieser Fehler vollständig ab 668;863. Ich teile diese Ansicht nicht, aus mehreren Gründen:
- Die Fehler sind keinesfalls zufällig sondern lassen sich aus den Spektren und der spektralen Empfindlichkeitskurve erklären. Leider machen die Autoren keine näheren Angaben, welchen UVB-Sensor sie 1991 verwendet haben, ich verwende für die Erklärung daher einen der UVB-Sensoren, die 2015 auf der Webseite von IL abgebildet sind.
Die WG-360- und WG-345-Filter lassen so gut wie keine UVB-Strahlung durch. Das Spektrometer zeigt daher korrekt Werte < 0,3 µW/cm² an. Weil das UVB-Radiometer aber nicht nur UVB-Strahlung sondern auch UVA-Strahlung misst, zeigt es einen zu großen Wert an. Der WG-320-Filter lässt sehr wenig Strahlung unterhalb von 320 nm passieren, wovon die meiste Strahlung nahe an der Grenze zu 320 nm sitzt. Für ein Spektrometer zählt die Strahlung bei 319 nm bereits zu 100% als UVB-Strahlung. Das UVB-Radiometer zählt diese Strahlung nur zu 25%. Es ist daher verständlich, dass das Radiometer einen zu kleinen Wert anzeigt. - Der einzig wirklich besorgniserregende Fehler ist der Messwert mit WG-320-Filter: 38 µW/cm² anstelle von 600 µW/cm². So große Fehler kenne ich von anderen UVB-Radiometern nicht. Vielleicht war dieses Radiometer bereits alt und defekt, vielleicht war es auf besonders seltsame Weise kalibriert. Einem Terrarianer wäre das aber aufgefallen: Das Spektrum mit WG-320-Filter ist sehr ähnlich zum Sonnenspektrum in Südeuropa zur Mittagszeit. Dort erwartet man UVB-Messwerte größer als 400 µW/cm². Misst ein Terrarianer hier lediglich 38 µW/cm² wird er sicherlich skeptisch. Trotzdem sind UVB-Radiometer wegen der spektralen Empfindlichkeit insbesondere bei Terrarien-UV-Lampen mit wenig sonnenähnlichen Spektren sehr fehleranfällig und ich rate von ihrem Einsatz ab.
- Bei UV-Index-Radiometern tritt dieser Fehler aber auf. Allgemein ist der Fehler durch die spektrale Empfindlichkeit nur dann groß, wenn 1) die spektrale Empfindlichkeit des Radiometers schlecht zur Wunschkurve passt und 2) die Lampe viel Intensität im Bereich der schlechten Übereinstimmung hat.1) Der Fehler ist sehr viel kleiner, wenn die spektrale Empfindlichkeitskurve ähnlich zur gewünschten Messkurve ist. Die Empfindlichkeitsurve für Erythembildung, die Empfindlichkeitskurve für Vitamin-D-Bildung und die Hellempfindlichkeitskurve des menschlichen Auges sind glatte und wohl geformte Kurven, die man leicht mit Filtern nachbilden kann. Bei UV-Index-Messgeräten und Luxmetern tritt der Fehler daher kaum auf. Diese Messgeräte haben keinen systematischen Fehler von 1'700 % oder 2'460 %, wie bei Sayre & Kligman, sondern oft nur einen Fehler von 10 % oder in sehr ungünstigen Fällen von 30 % bis 50 % (siehe auch solarmeter).
Als UV-Radiometer sollten daher immer UV-Index-Radiometer verwendet werden, deren spektrale Empfindlichkeit sehr gut mit der tatsächlichen Funktion für den UV-Index übereinstimmt. Bei den Solarmeter 6.5 UV-Index-Radiometern ist das der Fall. Bei anderen Messgeräten muss die spektrale Empfindlichkeit beim Hersteller angefragt werden und kritisch geprüft werden. Wenn die spektrale Empfindlichkeit stimmt, halte ich den Einsatz von UV-Index-Radiometer in der Terraristik für sehr sinnvoll. Zur Sicherheit sollte man aber immer von einem möglichen Fehler von bis zu 30 % ausgehen und bei sehr exotischen Lampen doppelt vorsichtig zu sein.
Details zur Spektralen Empfindlichkeit
Literatur
763;119;676;38;277;667;474;320
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